Umzug von Menschen mit Behinderung – Kostenerstattung

Menschen mit einer Behinderung stehen bei einem Umzug vor immensen Herausforderungen. Denn zum einen sind sie gefordert, eine barrierefreie, adäquate und bezahlbare bzw. finanzierbare Wohnung zu finden. Ein Unterfangen, das auf dem Wohnungsmarkt nicht immer einfach zu realisieren ist. Zum anderen können sie die mit einem Umzug verbundene Arbeit selten selbst bewältigen. Sie sind auf Hilfe angewiesen. Der Staat unterstützt jedoch Menschen mit einer Behinderung unter bestimmten Voraussetzungen bei einem Wohnungswechsel und übernimmt einen Teil der Kosten.

Wichtig: Dieser Ratgeber bietet eine erste Übersicht, ersetzt jedoch keine Rechtsberatung im Einzelfall. Bitte wenden Sie sich bei individuellen Fragen und konkreten Problemen an einen Experten für Sozialrecht. Diese finden Sie unter anderem bei Sozialverbänden wie dem SoVD oder VdK sowie bei den Integrationsämtern.

Wann ist ein Umzug für Menschen mit einer Behinderung ratsam?

Eine Behinderung kann jederzeit durch einen Unfall, eine Krankheit oder ein anderes Lebensereignis auftreten. Sitzen die Betroffenen anschließend im Rollstuhl oder sind anderweitig mobilitätseingeschränkt, sehbehindert oder blind oder in einer anderen Weise gehandicapt, ist die bisherige Wohnung in vielen Fällen nicht mehr für sie geeignet. Sie müssen umziehen. Gleiches gilt für alte Personen, die zunehmend gebrechlich werden und zum Beispiel Treppen nicht mehr bewältigen oder Wanne und Dusche nicht mehr sicher nutzen können.

Die Lösung ist in solchen Fällen eine barrierefreie Wohnung, die zum Beispiel ebenerdig zugänglich ist oder in jedem Zimmer Platz für einen Rollstuhl bietet. Entsprechende Objekte sind rar, bei intensiver Suche jedoch zu finden. Ist dies gelungen, steht ein Umzug an. Ein Umzug, der zu bewältigen ist – organisatorisch und finanziell. Die Arbeit können Betroffene kaum allein bewältigen. Daher sind sie auf Helfer oder ein professionelles Umzugsunternehmen angewiesen, das ihnen vom Packen der Umzugskartons bis zum Transport einen Full-Service bietet. Das treibt die Kosten in die Höhe. Viele Betroffene sind jedoch kaum in der Lage, die Ausgaben allein zu stemmen.

Kostenerstattung bei einem Umzug von Menschen mit Behinderung

Je nach persönlicher Situation haben Menschen mit einer Behinderung einen Anspruch auf Beihilfe oder Erstattung von Umzugskosten. Dabei sind verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen und verschiedene Situationen zu berücksichtigen. Es ist daher ratsam, in einem individuellen Beratungsgespräch die persönliche Situation und Fördermöglichkeiten auszuloten.

Es ist kompliziert: Wer zahlt für den Umzug von Menschen mit einer Behinderung?

Eine finanzielle Unterstützung bei einem Umzug von Menschen mit einer Behinderung basiert in erster Linie auf dem Sozialgesetzbuch (SGB) IX. Allerdings können im individuellen Fall verschiedene Leistungsträger zuständig sein und möglicherweise finanzielle Unterstützungsleistungen (zusammengefasst unter dem Begriff Wohnungshilfe) gewähren. Dazu zählen:

  • Pflegekassen: Die Krankenversicherung bzw. Pflegekasse gewähren auf Basis von (§ 40 Abs. 4 SGB XI) finanzielle Zuschüsse zur „Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes“ in Höhe von bis zu 4.000 Euro leisten. Dazu muss der Betroffene jedoch in einen Pflegegrad (Pflegestufe) eingestuft sein.
  • Sozialamt: Das Sozialamt ist der richtige Ansprechpartner, wenn es sich um einen Menschen mit Behinderung handelt, der Eingliederungshilfe bezieht.
  • Agentur für Arbeit/Jobcenter: Die Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter ist dann zuständig, wenn die Wohnungshilfe im Zusammenhang mit einer Leistung der Behörde steht. Das können zum Beispiel Rehabilitationsmaßnahmen oder Umschulungen sein.
  • Unfallversicherungsträger: Der Unfallversicherungsträger ist zuständig, wenn die Behinderung bei, auf dem Weg zu oder als Folge einer Berufstätigkeit entstanden ist. Außerdem muss der Betroffene nicht nur vorübergehend auf eine barrierefreie bzw. behindertengerechte Wohnung angewiesen sein. Alternativ muss die Wohnung für die berufliche Wiedereingliederung erforderlich sein. Die Richtlinien der Unfallversicherungsträger stellen Einzelheiten dar.
  • Rentenversicherungsträger: Der Rentenversicherungsträger ist dann zuständig, wenn es sich bei dem Umzug um einen Schritt im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme handelt, die das Ziel der beruflichen Eingliederung hat.
  • Hauptfürsorgestellen: Hauptfürsorgestellen sind dann zuständig, wenn es sich um einen Betroffenen gemäß Bundesversorgungsgesetz handelt und ein anerkannter Gesundheitsschaden vorliegt.
  • Integrationsamt: Das Integrationsamt leistet begleitende Hilfe im Arbeitsleben für Selbstständige und Beamte, für die kein anderer Leistungsträger zuständig ist.

Welche Leistungen und finanzielle Unterstützung die zuständige Stelle für einen Umzug bereitstellt, ist im Einzelfall zu klären. In den meisten Fällen greift jedoch die Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes oder eine einkommensabhängige Umzugsbeihilfe zur Teilhabe am Arbeitsmarkt. Letztere gilt auch für Berufstätige.

Wichtig: Ein Antrag auf Kostenerstattung muss – gleichgültig bei welchem Leistungsträger und auf welcher Grundlage – jeweils vor dem Umzug gestellt werden. Die betroffenen Menschen mit Behinderung sollten sich frühzeitig schon vor Abschluss eines neuen Mietvertrages bei ihrem zuständigen Leistungsträger oder einem Sozialberater erkundigen, welche Details zu beachten sind und welche Kosten erstattet werden.

Alternative: Umzugskosten bei einer Behinderung steuerlich absetzen

Grundsätzlich können Menschen mit Behinderung wie alle anderen Steuerzahler auch die Kosten für einen Umzug zumindest teilweise steuerlich geltend machen. Neben möglichen Pauschalen können Steuerzahler auch konkrete Ausgaben absetzen, die im Zusammenhang mit einem Umzug stehen. Dazu zählen Fahrtkosten, Übernachtungskosten, Maklergebühren, Transportkosten, doppelte (sich überlappende) Mietzahlungen und Renovierungskosten. Voraussetzung ist jedoch, dass der Umzug aus beruflichen Gründen oder aus gesundheitlichen Gründen bzw. wegen einer Behinderung erforderlich war.

Anderenfalls sind lediglich rund 20 Prozent der Ausgaben als sogenannte haushaltsnahe Dienstleistungen absetzbar. Das gilt für alle Steuerzahler, die aus „privaten Gründen“ umziehen, nicht nur für Menschen mit einer Behinderung. Dieser Weg ist für Berufstätige eine Möglichkeit, bei fehlender finanzieller Unterstützung zumindest einen Teil der Kosten für einen Umzug wegen einer Behinderung auszugleichen.

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